Anarchist Federation Lübeck
  Sonderseite zum sog. Reformationstag
 
Da wir dem Treiben und den Mythen, die sich um Martin Luther, den angeblich gegen die Obrigkeit und die Kirche rebellierenden, vorbildhaften Deutschen, etwas entgegenzusetzen haben, nämlich, dass Luther ein Absolutist, JüdInnen-Hasser und Revolutionsfeind war, haben wir uns dazu entschlossen, zum diesjährigen Reformationstag eine Sonderseite auf unsere Homepage zu stellen.

Da allerdings andere schon so viel dazu geschrieben haben, was wir inhaltlich super und unterstützenswert finden, steht hier an dieser Stelle nur noch ein Link zu einer lutherkritischen Seite aus dem Umfeld der "Projektwerkstatt".

Viel Spass beim Stöbern

www.projektwerkstatt.de/religion/luther.html

Hier noch ein weiterer Artikel über Martin Luther und den gleichnamigen Film, der vor ein paar Jahren in die Kinos kam.
Schwierig ist der Gebrauch des Wortes "Antisemitismus" für das, was Luther an Ansichten vertrat. Auch wenn bei seinen Äusserungen oft der Wunsch nach Vernichtung von JüdInnen durchscheint oder sogar offen zu Tage tritt, so ist sein Judenhass religiös begründet, was ihn vom Antisemitismus des 19. und 20. Jahrhundert und auch heute unterscheidet, wo der Antisemitismus zu verschiedenen Zwecken, wie der Suche nach Sündenböcken und der Erklärung komplexer Vorgänge in der Welt, herangezogen wird.

Die unbekannten Seiten des Martin Luther

 
Inzwischen ist der Film „Luther“ in vielen deutschen Städten bereits ausgelaufen. Interessant ist der Film nicht wegen dessen Inhalt, sondern wegen dem, was er verschweigt. In dem von der evangelischen Kirche mitfinanzierten Film wird nicht ansatzweise erwähnt, dass Antisemitismus, Frauenfeindlichkeit und ein genereller Hass auf das „Andere“ fester Teil von Luthers Weltanschauung war: In unmissverständlichen Formulierungen träumte er vom feurigen Ende aller Juden, vom Ersäufen der „behinderten“ Menschen in der Gosse, vom Morden an den aufständischen Bauern usw. Seine Schriften dokumentieren den Hass auf alles Abweichende, der sich als roter Faden durch Luthers Gedankenwelt zieht. Der Reformator könnte ohne Skrupel als Vordenker der Nazis bezeichnet werden - eine kritische Auseinandersetzung mit Luther ist jedoch nicht gewollt. Die evangelische Kirche und die patriotischen Teile Deutschlands feiern Luther als wichtigen Gesellschaftsgestalter und beziehen sich ungebrochen positiv auf den geistigen Brandstifter und Sozialrassisten.

 

Luther und Antisemitismus

 „Wie es unmöglich ist, dass die Aglaster ihr Hüpfen und Getzen lässt, die Schlange ihr Stechen: so wenig lässt der Jüde von seinem Sinn, Christen umzubringen, wo er nur kann."  (Tischreden. Erlanger Ausgabe der Werke Luthers, Bd. 62, S. 375)

 
„Die Juden sind ein solch verzweifeltes, durchböstes, durchgiftetes Ding, dass sie 1400 Jahre unsere Plage, Pestilenz und alles Unglück gewesen sind und noch sind. Summa, wir haben rechte Teufel an ihnen...; Man sollte ihre Synagogen und Schulen mit Feuer anstecken, ... unserem Herrn und der Christenheit zu Ehren, damit Gott sehe, dass wir Christen seien (...) ihre Häuser desgleichen zerbrechen und zerstören." (Von den Juden und ihren Lügen, Tomos 8, S. 88ff)


„Ich will meinen treuen Rat geben.
Erstlich, dass man ihre Synagoge oder Schule mit Feuer anstecke, und was nicht verbrennen will, mit Erde überhäufe und beschütte, dass kein Mensch einen Stein oder Schlacke davon sehe ewiglich..
Zum andern, dass man auch ihre Häuser desgleichen zerbreche und zerstöre. Denn sie treiben eben dasselbige darin, was sie in ihren Schulen treiben ...“ (Luther: Handbuch der Judenfrage, S. 233-238)

 
Luther füllte viele Seiten mit antisemitischen Klischees bis hin zu brutalen Auslöschungsphantasien. Sein religiöser Eifer, der sich in der Vernichtung der jüdischer Menschen im Geiste und später dann auch materiell niederschlägt, geht soweit, dass er offen dazu aufruft, dieses Werk zu vollstrecken (Luther erstelle einen Sieben-Punkte-Plan zur Vernichtung der Juden). Besonders gemein: In seinen Thesen schlägt Luther die Verwertung nützlicher Juden vor - die Konzentrationslager der Nazis sind davon gedanklich nicht mehr weit entfernt: „Siebtens soll man den jungen, starken Juden und Jüdinnen Flegel, Axt, Spaten, Rocken und Spindel in die Hand geben und sie ihr Brot verdienen lassen im Schweiße des Angesichts.“ (Luther: Handbuch der Judenfrage) Somit ist es auch kein Zufall, dass sich Adolf Hitler 1923 positiv auf Luther bezog: „Luther war ein großer Mann, ein Riese.  Mit einem Ruck durchbrach er die Dämmerung; sah den Juden, wie wir ihn erst heute zu sehen beginnen.“ Bei den Nürnberger Prozessen beriefen sich die Nazis ausdrücklich auf Luthers Anti-Juden-Schriften.

 

Von nichts gewusst?

Die Kirche unterstützte die NS-Politik mit Bezug auf Luther

 Auch die Kirchen selbst bezogen sich in der NS-Zeit auf Luther: In den Weihnachtstagen 1941, als die letzten noch lebenden Juden in Deutschland verpflichtet waren, einen Judenstern auf ihrer Kleidung zu tragen, erklärten sieben deutschchristliche Landeskirchenführer - und dem schloss sich die Deutsche Evangelische Kirchenkanzlei an: „Als Glieder der deutschen Volksgemeinschaft stehen die unterzeichneten deutschen Evangelischen Landeskirchen und Kirchenleiter in der Front dieses historischen Abwehrkampfes, der u.a. die  Reichspolizeiordnung über die Kennzeichnung der Juden als der geborenen Welt- und Reichsfeinde notwendig gemacht hat, wie schon Dr. Martin Luther nach bitteren Erfahrungen die Forderung erhob, schärfste Maßnahmen gegen die Juden zu ergreifen und  sie aus deutschen Landen auszuweisen.“ (Günter  Brakelmann/Martin Rosowski (Hg.), Antisemitismus, Seite 108, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen, 1989)

 

Luther und der Hass auf alles Abweichende

 
„Steche, schlage, würge hie, wer da kann. Bleibst du darüber tot, wohl dir, einen seligeren Tod kannst du nimmer mehr erlangen".(Luther über die aufständischen Bauern, Weimarer Ausgabe 18, S. 357 f)

 

„Die Zauberinnen sollst du nicht leben lassen... Es ist ein gerechtes Gesetz, dass sie getötet werden, sie richten viel Schaden an." (Luther über Frauen in einer Predigt von 1526, Weimarer Ausgabe 16, S. 551)

 

„Wenn es rechtmäßig zugeht, hat die Obrigkeit mit ihren Untertanen nichts anderes zu tun, als das Recht zu bewahren, Gericht zu halten und Urteile zu fällen. Wenn sie sich aber empören und auflehnen, wie es jüngst die Bauern taten, ist es recht und billig, gegen sie mit Gewalt vorzugehen.“

(Martin Luther: Ob Kriegsleute in seligem Stande sein können, 1526)

 Nicht nur Juden waren Luther ein Dorn im Auge. Sein Hass richtete sich gegen alle, die von der Norm abwichen und in der Hierarchie unten standen. Luther positionierte sich damit klar für Herrschaftsverhältnisse und gegen die Menschen, welche durch genau solche Systeme gezielt an den Rand gedrängt werden. Diesen Gedanken trieb Luther zur tödlichen Konsequenz: An vielen Stellen fordert er die Ermordung oder totale Auslöschung bestimmter Menschen - ob Frauen, Juden, Bauern oder sog. „Behinderte“. Das macht die besonders grauenhafte Qualität seines Denkens aus. „Aus Luther lernen“ müsste daher viel mehr bedeuten als der Bruch mit Religion: Gemeint ist der grundsätzliche Widerstand gegen eine Gesellschaft, die Menschen immer noch normiert, in mehr- oder minderwertig einteilt und Randgruppen konstruiert. Ungebrochen werden Menschen in Nationalitäten eingeteilt, Menschen ohne deutschen Pass brutal abgeschoben, „Behinderte“ ausgegrenzt usw. Wichtig sind Projekte und Aktionen, die Debatten um eine Welt anzetteln, in der buntes Leben selbstverständlich ist und Menschen nicht mehr in kollektive Identitäten gepresst werden.

 

Der Film als Ansatzpunkt für Proteste

 Aus der Kritik an Luther entstanden verschiedene Flugblätter, Texte, Webseiten und eine Ausstellung mit den übelsten Zitaten, die an verschiedenen Stellen für Aktionen und Gegenöffentlichkeit eingesetzt wurde – unter anderem in Würzburg, Giessen, Marburg und Köln. Teilweise wurden Flugblätter im Kinosaal ausgelegt oder vor den Kinos verteilt. Die Reaktionen der KinogängerInnen waren überwiegend positiv, die Handzettel wurden gerne genommen und es entstand so manches Gespräch, in dem auch die unbekannten Seiten von Martin Luther beleuchtet werden können. Weniger offen für differenzierte Sichtweisen waren einige KinobesitzerInnen – in einem Fall hetzte eine Eigentümerin ein paar AktivistInnen die Polizei auf den Hals (allerdings ohne Erfolg – auch bei der nächsten Vorstellung wurde erneut verteilt ...). Auch die Lokalredaktionen von Giessener Zeitungen wollten nicht am Mythos Luther rütteln lassen. Eine Redaktuerin begründete die Absage damit, dass sie gläubige Evangelin sei und so etwas nicht verbreiten wolle. Die Ausnahme bildete ein alternativen Kino in Lich, dass die Luther-Austellung und einen lutherkritischen Diskussionskreis mit in das Programm einband. Da die evangelische Kirche und andere Luther-„Fans“ an der Demontage ihres Helden wenig Interesse haben bleibt zu hoffen, dass es viel mehr solche Aktionen, Diskussionsrunden und öffentlichkeitswirksame Proteste gibt, die sich gegen die Verehrung von geistigen Brandstiftern und religiösen Taumel richten!

 

Kritiken und Aktionsmaterialien sowie zahlreiche Links zu den unbekannten Seiten des Martin Luther finden sich unter http://www.luther-der-film.de.vu.

 
   
 
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